Link to English version: fib PhD Symposium Budapest 2024 – An Experience Report
Ich habe Ende August am fib PhD Symposium teilgenommen. Der fib (frz.: Fédération internationale du béton; engl.: The International Federation for Structural Concrete) organisierte diese Konferenz bereits zum 15. Mal. An dieser Konferenz präsentierten ausschliesslich PhD-Studierende und Doktorierende, die sich im weiteren Sinne mit Beton beschäftigen, ihre Arbeit. (Es gibt aber auch Konferenzen vom fib und anderen Verbänden, die sich sowohl an die Praxis als auch an die Forschung richtet.) Die über 150 Präsentationen wurden auf fünf parallele Sessions aufgeteilt, d.h. dass während den drei Tagen immer fünf Präsentationen gleichzeitig stattfanden. Die Themenvielfalt kann anhand der Titel der verschiedenen Sessions abgeleitet werden:
- Analyse, Modellierung und Bemessung von Tragwerken
- Untersuchung und Überwachung des Tragwerkzustandes
- Neuerungen im Bereich metallischer und nicht-metallischer Bewehrung
- Dauerhaftigkeit von bestehenden und zukünftigen Betontragwerken
- Neuerungen im Bereich Beton und Betontechnologie
- Brücken, Stauseen, Dämme, Tunnels und Strassenbauten
- Nachhaltigkeit von Materialien und Tragwerken, einschliesslich denkmalgeschützter Betontragwerke
- Ökobilanzierung in Verbindung mit Bemessung, Restlebensdauer
- Verbundwerkstoffe zur Verstärkung von Betontragwerken
- Instandhaltung, Sanierung und Verstärkung von Betontragwerken
- Digitalisierung – 3D-Betondruck
- Gebäude und Schalen
- Zuverlässigkeit und Risikoanalyse von Tragwerken
Teilnehmer:innen aus 72 Universitäten, verteilt über alle Kontinente, waren vertreten, wobei die Mehrheit aus Europa stammte.
Im ersten Teil meines Blogpostes werde ich vier Präsentationen/Ideen vorstellen, die ich interessant fand (und nicht aus unserer Forschungsgruppe stammen). Im zweiten Teil werde ich über die sozialen Aspekte der Konferenz berichten, die meiner Meinung nach genau so wertvoll sind wie die fachlichen Inputs.
Teil 1 – Interessante Präsentationen
Konferenzen sind nicht nur dazu da, um die eigene Arbeit zu verbreiten, sondern auch, um inspiriert zu werden von der Arbeit von anderen und diese entsprechend zu würdigen. In diesem Sinne möchte ich eine Auswahl an Vorträgen vorstellen, die bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben:
Jens Skovgaard Larsen (Univerity of Southern Denmark / COWI [Industrial PhD Student]; Mitautoren: Henrik Brøner Jørgensen und Søren Gustenhoff Hansen) hat in seinem ersten Jahr als PhD-Student bereits mehrere Grossversuche auf einem selber entwickelten Versuchsstand durchgeführt (siehe Abbildung 1). In diesen Versuchen wird die Interaktion von Schub in und aus der Ebene von Stahlbetonplatten ohne Schubbewehrung untersucht. Er plant auch noch die Interaktion mit Momenten zu untersuchen.
Mohammed Sirage Ibrahim (TU Delft; Mitautoren: Mauro Poliotti, Yuguang Yang und Max Hendriks) hat über zwanzig 15m lange vorgespannte Betonträger auf Schub getestet (siehe Abbildung 2). Hintergrund des Projekts ist der Fakt, dass es in den Niederlanden viele bestehende Brücken gibt, die aus vorfabrizierten vorgespannten Einfeldträgern bestehen, die zu Durchlaufträgern zusammengeschlossen wurden. Bei diesen spezifischen Trägern stellen sich nun Fragen unter anderem bezüglich Schubtragverhalten. Sehr interessant finde ich an diesem Projekt auch, dass es einen blind-prediction contest beinhaltet. Emilia Andrade Borges (TU Delft) wird das Projekt weiterführen und weitere Versuche durchführen.
Peter Kolt Rasmussen (Technical University of Denmark/Ramboll [Industrial PhD Student]; Mitautoren: Linh Cao Hoang, Jesper Harrild Sørensen und Bent Feddersen) stellte ein mechanisch konsistentes Modell vor, das das lokale Betonversagen von Holz-Beton-Verbunddecken mit Schubnocken abbildet. Basierend auf dem fortschreitenden Verformungszustand berücksichtigt das Modell die allmähliche Entfestigung des Betons sowie die zunehmende Aktivierung der Schrauben (siehe Abbildung 3). Mit diesem Ansatz können die Schrauben so ausgelegt werden, dass die Schubnocken garantiert duktil versagen, wodurch bestehende Beschränkungen aufgehoben werden und die Verwendung von Beton mit geringerer Festigkeit (und geringerem Zementgehalt) möglich wird.
Dr. Akio Kasuga (The University of Tokyo / Sumitomo Mitsui Construction; keynote speaker) gab eine beeindruckende Präsentation über verschiedene Projekte mit Ultra-Hochleistungs-Beton, in die er in den letzten 30 Jahren als Ingenieur involviert war. Er hat bereits um 1990 kleine Brücken mit vorgespannter, nicht-metallischer Bewehrung (Aramid) realisiert – wahre Pionierarbeit. Ebenfalls beeindruckt war ich von der Entwicklung der «Schmetterlingsstege» mit hochfestem Beton und vorgespannter nicht-metallischer Bewehrung (siehe Abbildung 4). Die erste Autobahnbrücke ohne metallische Bewehrung mit diesen Stegen wurde 2020 fertiggestellt.
Diese Projekte werde ich mit Sicherheit weiterverfolgen. Ich bin gespannt auf die Resultate und die Artikel, die aus diesen Projekten entstehen. Meine Auswahl ist nicht repräsentativ, sondern entspricht einzig meinen eigenen Präferenzen. Es gab eine Vielzahl von weiteren interessanten Projekten an der Konferenz.
Teil 2 – Soziale Aspekte
Abgesehen vom Fachlichen, habe ich die folgenden Aspekte mitgenommen von der Konferenz in Budapest:
Die Diskussionen nach den Präsentationen waren meistens sehr konstruktiv und angenehm. Dies habe ich sehr geschätzt. Man hat gemerkt, dass die Zuhörer:innen beispielsweise verstehen, was es bedeutet in der Versuchshalle zu stehen und Versuche durchzuführen. Dementsprechend waren die Inputs immer sehr wohlwollend. In den Pausen kam man leicht in ein Gespräch mit anderen Teilnehmer:innen. Es fühlte sich ein wenig an, wie in der allerersten Woche im Studium.
Ich habe sehr freundliche und brilliante Forscher:innen kennengelernt mit denen ich in Kontakt bleiben werde. Die Diskussionen starteten meist beim Forschungsthema, gingen dann weiter zu allgemeineren Themen, wie den Anstellungsverhältnissen an den Universitäten oder der Arbeitskultur in der Bauindustrie in den verschiedenen Ländern, und endeten bei privaten Themen. Ich habe den Austausch ungemein geschätzt.
Erwähnen möchte ich auch noch, dass es richtig cool war, mit Fabian Morger und Rebecca Ammann (beide von der kfmResearch Gruppe) eine Woche in Budapest zu verbringen. Die Anwesenheit von Walter Kaufmann an der Konferenz haben wir auch sehr geschätzt.
Teil 3 – Fazit
Mein Fazit fällt sehr positive aus. Mein Forschungshorizont hat sich durch die Konferenz erweitert und ich kam sehr motiviert zurück nach Zürich. Ich kann nur empfehlen, das fib PhD Symposium 2026 in Wien zu besuchen.
(Tipp: Wenn man früh bucht, kann man – umweltschonend und komfortabel – mit dem Zug in der 1. Klasse für unter 100 Euro von Zürich nach Wien reisen.)
Simon Karrer